Cindys Geschichte
Am 11. April 1992, einem Samstag, bekam unsere damals noch kleine Familie Zuwachs durch das kleine Golden Retriever - Mädchen Cindy.
Damals hatten wir so gut wie keine Ahnung vom Welpenkauf und so sind wir durch die Zeitung bei einer "Züchterin" gelandet, die uns den Welpen ungeimpft, jedoch mit Papieren des "Bayrischen Rassehunde Verband" mitgab. Der Tierarzt, den wir am Montag darauf aufsuchten, hat fürchterlich mit uns geschimpft und es stellte sich heraus, dass es um unsere kleine Cindy nicht gut stand. Sie hatte schlimmen Durchfall, der für einen Welpen in diesem Alter lebensbedrohlich sein kann, deshalb bekam sie nur eine Notimpfung. Kurz gesagt: Wir waren wahrscheinlich an eine unseriöse Züchterin oder eine Welpenhändlerin geraten.
Doch wir wollten und konnten diese kleine Maus, die wir sofort in unser Herz geschlossen hatten, auf keinen Fall wieder missen und haben sie dann auch mit viel Liebe und Fürsorge großgezogen, sie wuchs zu einer prächtigen Hündin heran.
Wir hatten Glück, denn wie wir inzwischen wissen gibt es immer wieder Fälle, in denen das kleine Wesen nicht überlebt oder sich herausstellt, dass es schwere Gesundheitsschäden hat. Wesensschwächen und Verhaltensstörungen gehören ebenso zu den Risiken, wenn man sich mit Händlern und Massen"züchtern" einlässt.
Nun, wie gesagt, unsere Cindy entwickelte sich gut, außer der Angst vor lautem Knallen und Gewittern (die sie umso liebenswerter machte) stellten wir bei ihr keine der oben genannten Schwächen fest und wir genossen das Zusammenleben mit ihr. Sie war so gelehrig und wollte es uns immer recht machen, weshalb wir überhaupt keine Probleme mit ihrer Erziehung hatten. Außerdem war sie sehr anhänglich, liebebedürftig und verschmust. Wir waren stolz auf unser Mäuschen.
Im September 1993 bekamen wir unsere Tochter Marina, somit waren wir nun zu viert. Cindy hat das kleine Würmchen vom ersten Tag an akzeptiert und war kein bisschen eifersüchtig. Wir haben natürlich dafür gesorgt, dass sie auch keinen Grund dazu hatte.
Wir alle hatten dann eine schöne Zeit, Cindy fuhr von Anfang an mit in Urlaub und sie war auch sonst überall mit dabei. Mit dem Auto ist sie nie gern gefahren, aber das war ihr immer noch lieber als allein zu Hause zu bleiben. Wenn das doch einmal vorkam, konnten wir uns hundertprozentig darauf verlassen, dass sie nichts anstellte.
Im April 1997 ertasteten wir am linken vorderen Oberschenkel einen Knoten und es stellte sich heraus, dass es sich um Hautkrebs (einen Mastzellentumor) handelte. Von nun an mussten wir mit dem Gedanken leben, dass ein Mitglied unserer Familie Krebs hatte. Die Operation verlief gut und Cindy war in kurzer Zeit wieder fit. Man teilte uns mit, dass unsere Maus mit dem Krebs gut leben und auch ein normales Alter erreichen könne.
Im Oktober 1997 musste dann der nächste Tumor am linken hinteren Oberschenkel entfernt werden. Wieder überstand sie den Eingriff blendend. Wir machten uns noch keine großen Sorgen und dachten, dass wir gut damit leben konnten wenn es so bliebe und nur ab und an ein Tumor entfernt werden müsse.
Im Mai 1999 wurde Cindy plötzlich sehr krank, die Gebärmutter hatte sich entzündet und musste schnellstens entfernt werden. Diesmal handelte es sich um eine typische "Frauengeschichte", die bei Hündinnen nicht selten auftritt. Bei dieser Gelegenheit konnte dann auch gleich je ein Tumor an der Gesäugeleiste und am rechten hinteren Oberschenkel entfernt werden, und obwohl es sich um einen größeren Eingriff handelte, hat Cindy alles wunderbar überstanden, wir waren wieder glücklich und für jeden Tag dankbar, den wir mit ihr verbringen durften.
Cindy wurde nun langsam älter. Sie wurde träger, lief nicht mehr so viel, schlief mehr als früher und nahm leider auch etwas zu. Wir hatten dennoch eine schöne Zeit zusammen, denn wer einen Welpen zu sich nimmt, sollte sich vorher darüber im Klaren sein, dass er diesem wunderbaren Geschöpf auch im Alter ein hingebungsvoller und zuverlässiger Begleiter sein muss.
Doch das Leben ist leider grausam, denn wir mussten zusehen wie der nächste Tumor wuchs, dieses Mal am rechten Augenlidrand. Als er begann auf das Auge zu drücken, wurde der Tumor im Mai 2000 operativ entfernt. Cindy hat sich wie zuvor auch wieder wacker geschlagen und den Eingriff gut überstanden, man konnte überhaupt nicht sehen, dass ein kleines Stück des Lids fehlte, sie war wieder ganz die Alte. Niemals in all den Jahren hat ihre Lebensqualität durch den Krebs gelitten, wir konnten mit ihr das Leben genauso genießen, wie wenn ihr Leben nicht ständig bedroht gewesen wäre.
Am 10. Oktober 2001 begann unsere schmerzlichste Zeit, denn Cindy wurde plötzlich von einem Tag auf den anderen apathisch. Die Diagnose: stark vergrößerte Milz und hohes Fieber. Es hieß, dass eine Operation sofort erfolgen müsse, mit Aussicht auf Erfolg und ohne Einschränkung der Lebensqualität danach. Hunde könnten, wie der Mensch auch, ohne Milz leben.
Nun musste unsere Kleine nach der schweren Operation
am 12. Oktober - durch eine unzureichende Untersuchung des Arztes zwei
Tage später als nötig - drei Tage zur Beobachtung in der Klinik bleiben,
etwas, das für Cindy ganz neu war, hat sie doch bis dahin keinen Tag ohne
uns verbracht. Wir durften sie nicht besuchen, weil ihre Trauer dann noch
größer gewesen wäre als sie ohnehin schon war, riefen aber 2-3mal täglich
in der Klinik an und erfuhren so von ihren guten Fortschritten.
Auch diesen sehr schweren Eingriff hat Cindy erstaunlich gut überstanden,
obwohl sie vorher einen halben Tag an den Tropf musste und mittlerweile
doch schon 9 1/2 Jahre alt war.
Alles lief so perfekt, sie erholte sich besser als alle vorher angenommen hatten, so dass uns das was dann folgte umso härter traf. Als es begann ihr schlechter zu gehen, nahmen wir das erst gar nicht richtig wahr, hatten wir doch mit einer so schnellen Genesung gar nicht gerechnet. Erst am Vorabend des verhängnisvollen Tages bemerkten wir die Verschlechterung. Sie fraß zwar, wollte aber nicht mehr laufen. Es geht bei Tieren alles so verdammt schnell! Am nächsten Tag, den 19. Oktober, erfuhren wir dann auch das Ergebnis der Biopsie: es handelte sich um einen sehr bösartigen Krebs an der Milz. Unser Mäuschen hatte nicht mehr lange zu leben! Da Cindy anscheinend keine Schmerzen litt, hatten wir uns, vor die übliche Alternative gestellt, doch noch zu einem letzten Versuch entschlossen, allerdings hätte der Arzt erkennen müssen, dass Cindy im Sterben lag. Wir sollten nach dieser Behandlung noch drei Tage!!! auf Besserung hoffen. Auf der Heimfahrt beschlossen wir jedoch sie erlösen zu lassen, falls es ihr am nächsten Morgen noch schlechter gehen würde. Es war einfach zu schrecklich mit ansehen zu müssen wie schwach sie war. Aber eines steht fest: Cindy hatte keine Schmerzen, sie hat, wenn überhaupt, wenig gelitten, hat sie doch noch kurz vor ihrem Tod eins ihrer Leckerchen mit Appetit gefressen.
Am Abend wurde uns dann die Entscheidung abgenommen als der Todeskampf unserer geliebten Cindy begann. Wir waren überhaupt nicht darauf vorbereitet, fühlten uns ohnmächtig und hilflos, konnten wir ihr doch nur unseren Beistand geben. Ein anderer Tierarzt, der zu uns nach Hause gekommen wäre, um Cindy zu erlösen, konnte es nicht mehr rechtzeitig schaffen, weil es dann zum Glück doch sehr schnell ging. Unsere Tochter war glücklicherweise während dieser Zeit nicht zu Hause, denn diese Minuten können wir Erwachsenen schon sehr schwer verarbeiten, wie schwer mag es dann erst für ein achtjähriges Kind sein.
Seitdem sind drei Wochen vergangen und unsere Trauer ist noch lange nicht überwunden, wir vermissen unsere Cindy sehr. Wenn wir nun auf die Zeit mit ihr zurückblicken, möchten wir trotz der Sorgen keinen Tag davon missen, sie gehörte eben einfach zur Familie und hatte ein ausgefülltes Leben mit uns. Die Jahre, die uns nach dem ersten Krebs noch mit ihr blieben, betrachten wir als besonderes Geschenk.
Angelika, Marina und Thomas 9. November 2001